Lange habe ich überlegt. Schreibst du das, oder kann das weg? Weltbilder. Schubladen. Fundamentalistische Überzeugungen. Bezogen auf Elternblogs fällt in diesem Zusammenhang häufig das Wort „War“. Krieg. Meist werden diese Wars Müttern zugeschrieben. Sagt man. Unfug. Die Quote mag aus den bekannten Gründen höher sein als unter Männern. Letztlich ist aber jeder Krieg ein War unserer Menschengemeinschaft. Frauen und Männer. Kinder. Mütter. Väter. Ich trenne das nicht.

Jeder von uns hat sie schon beobachtet, diese „Wars“. Selten ist man selbst betroffen und erachtet das Eingreifen als unnötig. Doch kaum ist man selbst das Ziel, sieht man die gleiche Münze von der anderen Seite. Doofer Spruch, ist aber so. Vor kurzem trifft es mich. Im Vergleich zu anderen Fällen überhaupt nicht dramatisch und dennoch so, dass es mich stundenlang beschäftigt. Jemand öffnet eine Schublade, steckt mich und mein kleines Blog hinein, und schließt ab. Ich lese das. Lache. Denke nach. Lese erneut. Was habe ich selbst dazu beigetragen? Bin traurig. Lache. Bin enttäuscht.

Früher handelte ich in solchen Fällen sehr impulsiv, was ich mir über die Jahre abgewöhnte. Ein im Übereifer und Ärger verfasster Flame-Artikel verfehlt die Wirkung. Verschafft zwar kurz Luft, ist aber nicht zielführend. Ziel? Müsste mein Ziel nicht lauten: Wehre dich, verleumde die Person, mache sie schlecht, stelle diese Person öffentlich an den Pranger? Gleiches mit Gleichem vergelten. Leiden. Nicht meine Welt. Heute versuche ich das über einen persönlichen Austausch zu klären. Ich schreibe eine Mail und frage höflich nach, wie die Zeilen und die Einschätzung über mich entstanden ist.

Zwei Mails später steht fest: Mein Gegenüber ist ein äusserst netter Mensch. Ein zutiefst ehrlicher. Ein Mensch, der ebenfalls ein Kind erzieht, jedoch unter völlig anderen Umständen. Und ja, es kostet Überwindung den ersten Schritt zu gehen. Ich schreibe meine Meinung. Ohne Blatt vor dem Mund. Ja, ich fühle mich missverstanden. Ungerecht behandelt. In eine Ecke gedrängt, in der ich nicht sitzen möchte. Abgestempelt. Öffentlich einsehbar im Internet. Mein Gegenüber gesteht die eigenen Fehler ein, nachdem ich mich selbst erklärte. Mein Verständnis von Familie und Zusammenleben. Erledigt. Alles gut. Nach zwei Mails. Ohne einen Kommentarstrang zu eröffnen. Ohne über soziale Netzwerke der Sache mehr Aufmerksamkeit als nötig zu geben. Und ich hoffe, dass wir uns irgendwann persönlich treffen. Ehrlich jetzt.

Harte Überleitung, weil mir nichts einfällt. Wars. Überzeugungen. Sieht man sich unterschiedliche Familienkonstellationen und Weltbilder an, besteht die Logik lediglich darin, andere Menschen zu respektieren und zu akzeptieren wie sie sind. Natürlich fällt es mir schwer mich in die Situation zu versetzen. Wie fühlt es sich an am Existenzminimum zu leben? Ich weiss es nicht, obwohl mir bewusst ist, dass es mich jederzeit ebenso treffen könnte. Jederzeit. Immer. Dann meist unvorbereitet.

Um was geht es denn dann?

E-M-P-A-T-H-I-E
H-I-L-F-S-B-E-R-E-I-T-S-C-H-A-F-T
M-E-N-S-C-H-L-I-C-H-K-E-I-T
Z-U-S-A-M-M-E-N-H-A-L-T

Das sind lediglich vier Stichworte, die mir auf die Schnelle eingefallen sind. Doch beim Tippen wird klar: Das sind für mich urmenschliche Werte, die mir wichtig sind. Somit kann ich die Mär vom Unterschied des realen und digitalen Lebens endgültig unter „Veraltetes_Denken.doc“ speichern. Tatsächlich bin ich im Internet so, wie im realen Leben auch. Ich bin ich. Und ich hoffe, du bist du. Machen wir uns nichts vor: jeder von uns hat sich durch den bisherigen Lebensweg zu dem entwickelt, was er ist. Jetzt. Hier. Bei allen Unterschieden haben wir alle einen gemeinsamen Nenner: wir sind gemeinsam zur gleichen Zeit Lebensgefährten. Direkt oder indirekt.

Heutzutage wäre es mehr als angemessen davon auszugehen, dass jeder Mensch versucht die eigenen Kinder so gut wie möglich zu einem lebensfähigen Menschen zu entwickeln. Den Weg zu begleiten, und wichtige Grundvoraussetzungen für später zu legen. Für einen Zeitpunkt, an dem wir es eben nicht mehr nur in eigenen Händen haben. Das eint uns alle. Unnötig zu erwähnen, dass wir hierbei individuelle Wege beschreiten. Geeint im gemeinsamen Ziel.

Wie vielleicht bemerkt, und dann bin ich auch schon wieder weg, empfinde ich das Internet in unserer kleinen Blase als lebenswert und positiv. Wir haben es in der Hand, voneinander zu lernen und uns zu inspirieren. Es liegt tatsächlich an uns und nicht an einem Algorithmus, der zufällig „Opfer“ auswählt. Ich mache Opfer zu Opfern. Und ich werde zukünftig aufstehen, mich bewegen und sensibler reagieren, wenn ich sinnlose „Wars“ und persönliche Anfeindungen im digitalen Raum entdecke. Denn nicht jeder hat so viel Glück wie ich und wird von einem kleinen „Kriegchen“ getroffen. Andere müssen Monate oder Jahre leiden. Das geht so nicht.

Patricia sucht nach Möglichkeiten, wie man Betroffene im digitalen Raum unterstützen kann. Zur Seite stehen, Solidarität, Eigeninitiave zeigen und Verbündete suchen. Ich finde das alles gute Ansätze. Inzwischen erachte ich den Zeitpunkt als angemessen, digitale Einsatztrupps zu bilden, die sich verbünden. Um Menschen zur Seite zu stehen. Digital gibt es diverse Möglichkeiten hierfür. Als Beispiel ein Mail-Verteiler mit Personen, die bereit sind, Betroffene zu unterstützen. Über die Mailing-Liste werden „Fälle“ (was für ein doofes Wort in diesem Zusammenhang) verschickt und Interessierte organisieren sich und formieren eine Einheit.

Eine geschlossene FB-Gruppe (auch wenn ich kein FB Fan bin). Oder eine offene FB Gruppe, die nach außen deutlich zeigt, dass es diese Anfeindungen im Netz gibt und man nicht gewillt ist, das zu akzeptieren.

Einsatztrupps. Hört sich ein bisschen wie Krieg an. „Wars“. Und das wäre eine Möglichkeit „Wars“ im allgemeinen ins Positive zu drehen. Ein „War“ für die Menschlichkeit. Ein „War“ der Solidarität. Ein „War“ der Worte und nicht der Waffen. Der erste „Word War“. Martialisch. Ich wäre dabei.

Tschüß.

P.S. Wie meine Kinder das empfinden würden, wenn ich sie zu Hause versuche auf dem Weg zu guten Menschen zu begleiten und sie dann im entsprechenden Alter Blog-Artikel von mir entdecken, in denen ich andere Menschen zu Opfern mache, indem ich sie in eine Ecke dränge. Nein, das will ich wenn möglich vermeiden. Und Kind 1 so: „Papa, du sagst immer, dass es wichtig ist, alle Menschen als gleichwertige Menschen zu sehen, wieso hast du dann hier und da und da und hier diese Menschen bedrängt, beleidigt?“