Kategorie: Lotterleben

Papa, wie kommt denn das Salz ins Meer?

Wir sind im Urlaub. Am Meer. Mit Sonne. Direkt hinter unserem Ferienhaus springen wir ins Wasser. Ins Meerwasser. Ohne Strand. Man stelle sich das alles wie Venedig vor, nur viel viel kleiner. Die Ferienhäuser stehen direkt am Wasser. Kanäle umfliessen die Häuser. Man ist also immer im Wasser. Irgendwie. Zum Strand fährt man mit den Fahrrädern. Wie überhaupt alle dort Fahrrad fahren. Also alles sehr perfekt für einen entspannten Urlaub mit Kindern. Wo sind wir überhaupt? Ach ja, Italien.

meer in italien adria mittelmeer

Es ist 10 Uhr morgens. Das Frühstück ist gerade leicht verdaut, da stehen Kind 1 und 2 schon zum ersten Sprung des Tages bereit. Ins Wasser. Von der Mauer aus. In so einem Urlaub am Wasser können sich Kinder erstaunlich schnell vollkommen selbständig an,- und ausziehen. Und wieder anziehen. Ohne jegliche Rückfragen.

Wir springen ins Wasser, klettern die Leiter hoch, um kurz darauf wieder zu springen. Irgendwann fragt mich Kind 1, wie das Salz ins Wasser kommt. Und weil Kinder ehrliche Antworten verdienen, gucken wir folgendes Video:

(Direktlink Video)

Spaß vorbei. Kind 1 lacht mich wegen der unwitzigen Finte aus und beharrt auf einer ehrlichen Antwort. Das Salz kommt von den Steinen erwidere ich, was bei Kind 1 zu noch größerem Lachen führt. Klar Papa, das Salz kommt von den Steinen. Eher stehen da 1.000.000 Menschen am Ufer und streuen Salz ins Wasser. Man merkt: Das Kind ist in einem unentschlossenen Alter. Manchmal entlarvt es meinen schlechten Humor sofort, sobald ich ernsthaft antworte, nimmt es mich aber auch nicht ernst. Da chemische Reaktionen nicht gerade mein Steckenpferd sind, beginnen wir das Internet zu befragen. Also die Suchmaschine.

Kind 1 und ich auf chemischer Safari

Wir lernen viel. Von Metallen, die in Steinen wohnen. Von Bächen und Flüssen, deren Wasser die Metalle aus den Steinen herausspült und mitreisst. In winzigen Mengen. Kind 1 hört zum ersten Mal von Chlorgas, das Wasser und vor allem die Metalle im Wasser total dufte findet und sich gerne mit ihnen verbindet. Und weil Kinder im Spiel viel besser lernen, verwandelt sich Kind 1 in Natrium und Kind 2 in das gefährliche Chlorgas. Dann machen wir Musik an und beide tanzen. Immer wenn sie sich umarmen werden sie zu Salz. Wir sind Salz und fliessen ins Meer krakeelen die Kinder, während sie sich nicht mehr loslassen. Kind 2 würde gerne für immer Salz bleiben.

Zurück zu den Flüssen und Bächen. Da alle Flüsse irgendwann ins Meer münden, gelangt so das Salz in die Meere. Zusätzlich finden sich am Grund der Tiefsee die sogenannten schwarzen und weissen Raucher, die ebenfalls zum Salzgehalt des Meerwassers beitragen. Aus ihnen tritt ca. 400 Grad heißes Wasser aus, das vor allem gelöste Salze enthält.

Der Salzgehalt ist von Meer zu Meer unterschiedlich. In der Ostsee, in die sehr viele Flüsse münden und die nur eine enge Verbindung zur Nordsee hat, ist der Salzgehalt sehr gering. Am Mittelmeer, wo durch die höheren Außen-Temperaturen eine große Menge Meerwasser verdampft ist der Salzgehalt um einiges höher. Aus dem aufsteigenden Dampf entstehen irgendwann Wolken, die irgendwo wieder abregnen. Der Wasserkreislauf beginnt von vorne. Hier die gesamte Erklärung als Video:

(Direktlink Video)

So lernen wir bei unserer Recherche auch, dass es in der Natur Wasser ohne Salz gar nicht gibt. Nur Wasser mit sehr geringem Salzgehalt, das wir als Süßwasser bezeichnen. Verblüfft sind wir, dass ein Salzkorn, egal ob das aus dem Salzstreuer oder das aus dem Meer nicht rund, sondern eckig ist. Eckiges Salz, wer hätte das gedacht.

Jetzt tanze ich aber erst mal mit Kind 1 und 2 den Natrium Chlorgas Tanz weiter.

Die 10 häufigsten Fragen fremder Menschen an meine Kinder

Heute morgen stehe ich im Hotel und frage höflich: „Wissen Sie, wie ich zur Schönhauser Allee komme? Eine sehr anständige, höflich formulierte Frage mit der Absicht eine Auskunft zu erhalten. Ignoranz. Vielleicht habe ich einfach nur vergessen die Stimme am Ende der Frage zu erheben, so dass mein Gegenüber feststellen kann, dass es sich um eine Frage handelt.

So raffe ich mich auf, erhebe meine Stimme am Ende des Satzes in ungeahnte Höhen und stelle die Frage erneut: „Wissen Sie, wie ich zur Schönhauser Allee kommeeeeeeeeeeeeeeeee?“ Einen Fingerzeig später stehe ich vor einem Berliner Stadtplan und suche mir den Weg. Alleine. Pah, Freundlichkeit kenne ich eh nur aus Erzählungen.

Auf dem Weg tauchen immer mehr Fragen auf: Könnte ich auch mit der Bahn fahren? Wie lange werde ich laufen? Nach wenigen Minuten mache ich mir über Fragen Gedanken. Wieso stellen Menschen ununterbrochen Fragen? Was schon wieder eine Frage ist. Fragen sind ein Türöffner. Irgendwie. Über Fragen möchten wir uns besser kennenlernen. Irgendwie. Fragen suggerieren Interesse. Irgendwie.

Mit Kindern ist das alles anders. Auch irgendwie. Fragen prasseln wie ein heftiges Sommergewitter auf die Kinder oder mich nieder. Platsch. Platsch. Platsch. Fragen von allen Seiten. Beispiel Supermarkt. Käsetheke, Wursttheke oder Kasse, überall lauern Fragen, sobald eines der Kinder dabei ist.

Die Käse-Frau:
„Wo ist dein Geschwisterchen?“

Der Wurst-Mann:
„Bist du heute ganz alleine da?“

Die Verkäuferin:
„Bringst du nächstes Mal dein Geschwisterchen mit?“

Im Vergleich dazu die Fragen, die ich eine Woche zuvor zu hören bekam, als ich ohne Kinder den Einkauf erledigte.

Die Käse-Frau:
„Noch etwas?“

Der Wurst-Mann:
„Wars das?“

Die Verkäuferin:
„Sammeln Sie Payback Punkte?“

Die Qualität der Fragen ist eine andere. Kind 1 ist inzwischen resistent gegen Fragen. Es hat ganz einfach keine Lust mehr zu antworten. Fragen in der Schule, Fragen im Supermarkt, Fragen in der Bahn. Kind 1 stellt selbst sehr gerne Fragen, aber das sei ja was ganz anderes, wie es mir versichert. Stimmt das?

Die 10 häufigsten Fragen

Im folgenden möchte ich die wahrscheinlich 10 häufigsten Fragen sammeln, die fremde Menschen Kind 1 oder Kind 2 gestellt haben.

  1. Wie alt bist du?
  2. Ist das dein Schlaftier?
  3. Hast du noch einen Bruder oder eine Schwester?
  4. Isst du viele Süßigkeiten?
  5. Gehst du schon in die Schule / Kindergarten?
  6. Von wem hast du deine Augenfarbe?
  7. Darfst du so spät noch wach sein?
  8. Schmeckt dir deine Brezel?
  9. Magst du ein Bonbon?
  10. Bist du immer so frech?

Fragen, die Fremde deinen Kindern stellen?

Jetzt habe ich nach so vielen Fragen den Faden verloren. Ein guter Freund meinte mal: Wenn du gar nicht mehr weisst, ob du einem Text noch einen Sinn geben kannst, dann mach ein Blogstöckchen daraus. So soll es sein. Zum ersten Mal in meine Leben nominiere ich andere, mir liebe Bloggerinnen und Blogger. Die Aufgabe: haltet Fragen fest (die Anzahl ist egal), die euren Kindern häufig von Fremden gestellt wurden.

Natürlich kann ich nicht alle Blogs, die ich lese, aufzählen. Deshalb: Fühlt euch so frei und haltet die Fragen auch ohne explizite Erwähnung meinerseits in einem Blog-Artikel fest. Und informiert mich, falls ihr etwas dazu schreibt.

Maximilian von Herzdamengeschichten
Andrea von Runzelfüßchen
Johannes aus der Jazzlounge
Anna von BMM
Babyvater von Ich bin dein Vater
Sven von pop64
Jette von Supermom
Susanne von Geborgen wachsen
Carola von Frische Brise
Patricia von dasnuf
Christian von Betriebsfamilie

Das Beste daran: alle oben Genannten haben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wenig Lust bei Blogstöckchen mitzumachen. Noch Fragen?

Alle Fragen als schönes Poster fürs Wohnzimmer

Ok, Blogstöckchen alleine sind jetzt auch langweilig. So würde ich gerne aus allen Fragen, die mich erreichen, ein Plakat gestalten. Eines, das man sich kostenlos herunterladen und bei Lust und Laune vielleicht in die Wohnung hängen kann. Schön bunt soll es werden. Mit nervigen, witzigen und seltsamen Fragen. Natürlich nur, wenn ihr mir möglichst viele Fragen zukommen lasst. Dies geht ohne Frage auch über einen Kommentar. Vielen Dank.

Kinderfreier Vormittag ohne Drogen

Vor einigen Jahrzehnten hielt mich in Würzburg eine Polizeistreife an. Morgens um fünf. Mein Typ passte perfekt ins Raster. Lange Haare und ein roter VW Golf mit Aufkleber auf der Heckscheibe, der für mein damals angedachtes Fotografendasein warb. Nach dem üblichen „Fahrzeugkontrolle. Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte!“, fand ich mich Minuten später im Präsidium ein und urinierte in einen Becher. Randvoll. Das machte ich damals so. Aus Protest. Im Verhörzimmer waren die Stühle mit Blümchenmusterstoff bezogen. Wie nahe die Sitzbezüge und der Humor der Polizisten beieinander lagen, ahnte ich nicht. Acht von zehn Polizisten einigten sich auf Haschisch, einer stimmte für Marihuana und einer holte den Urinbecher aus der Toilette.

Pokalartig stellte Polizist 10 den Becher auf den Tisch. Teststreifen raus und das Warten auf die Linien begann. Nach unendlich langen Minuten waren alle Linien zu sehen, was bedeutete: Negativ. Mir war das ja klar, aber die enttäuschten Gesichtsausdrücke der anwesenden Polizisten prägten sich ein. Bis heute.

Das ganze Leben ist eine Droge. Am deutlichsten manifestiert sich das in einem Mineralbad um neun Uhr morgens. Unter der Woche versteht sich. Die werte Frau und ich geniessen heute dort einen kinderfreien Vormittag. Natürlich macht man sich über das Klientel eines Mineralbades erst dann Gedanken, wenn man bereits Eintritt bezahlt hat. So sitzen wir in einer Sauna. 90 Grad. An der Wand hängt eine Holztafel mit den drei goldenen Saunaregeln:

1. Bitte Saunaruhe beachten
2. Keine Handtücher über den Saunaofen legen
2. Bitte Handtuch unter den Po legen

Wir sitzen schweigend nebeneinander und schwitzen. Neben uns zwei Pärchen, die sich ohne Unterbrechung unterhalten. Abwechselnd blicke ich zur Holztafel und zu den Pärchen. Nochmal. Und noch mal. Die Tür öffnet sich. Ein älterer Mann mit Strumpf am Arm betritt die Sauna und setzt sich direkt neben den Eingang. Mit einem lauten Ausschrei reckt und streckt er seinen verletzten Arm. Schmerz liegt in der warmen Luft. Mit einem lauten „Grüß Gott“ betritt ein weiterer Mann die Schwitzkammer. Die Pärchen grüßen ebenfalls um gleich darauf mit dem Tuscheln fortzufahren.

Die werte Frau und ich sehen uns an und lachen. Schmunzeln. Lachen. Leise natürlich, um Saunaregel 1 nicht zu brechen. Ich suche den Raum nach versteckten Kameras ab. Nichts. Der Mann rechts neben uns, der sich minutenlang nicht bewegte, gibt seltsame Geräusche der Entspannung von sich. Er bewegt sich, setzt sich hin und reckt die Arme nach oben, um nochmals wohltuende Geräusche abzusondern. Mit einem herzlichen „Grüß Gott“ betritt eine Frau die Sauna. Ein kaum bemerkter Zwischenfall, denn ein weiterer Mann hält sich währenddessen die Hand vor den Mund und rülpst. Und nochmal. Wir schreiben das dem Alter des Mannes zu, weil es die einfachste Erklärung ist. Inzwischen kann ich vor Lachen kaum noch an mich halten. Mit einem Dauergrinsen sitze ich da und schwitze.

Die Türe geht erneut auf und eine Frau mit weißer Bademütze mit roten Punkten setzt sich neben uns. Da ich tags zuvor mit Kind 2 Mario Kart spielte, muss ich unweigerlich an Toad denken. Kind 2 liebt Toad. Yeah, ein Pilz. Ich blicke zur werten Frau und deute an, dass ich schnellstmöglich die Sauna verlassen muss. Wir gehen nach draußen und ich lache laut. Wie Kind 2 wohl reagiert wenn ich erzähle, dass ich Toad in der Sauna getroffen habe? An Entspannung war in der Sauna zu keiner Zeit zu denken, aber wen stört das, wenn sich das pralle Leben die Klinke in die Hand gibt. Ich liebe das Leben mit all seinen unterschiedlichen Menschen. Und erst alles zusammen ergibt wirklich Sinn.

Links zum Thema: Rechtschreibung in der Grundschule

Kint 1 ist Schulkint. Kestern zaigt es mier das Buhc vom Sul Anfang. Darin ai ne Ansamlung unter siedlicha Inhalte. Wär isst in maina Klase? Main Liblinkstier? Auf da Saite „Worauf freue ich mich?“ blaibe ich hengen. Wannsien. Kint 1 sraibt. Und äs schraibt nikt so wie wir. Maksimillan hat ainen tohlen Adickel zur Rechtsraibunk gehsriben:

Ich finde es aber auch erheiternd, dass die vehemente Kritik an der neuen Lehrmethode der Rechtschreibung in einem Medienumfeld geäußert wird, in dem kein Mensch mehr richtig schreibt, nirgendwo.

Ich finda des alas dotal kut. Ainfak sraiben wei mann mökte. Jeh länga ich an däm Aitikel sraibe des do ainfaker unt bässa kan ich fastehan, warum dass kut isst. Hähma isst hir feel am Blats. Brobia dok mal aus. Tas mact Spas. Libas Kind 1, du makst das aläs supa. Main Babbahärts hüfft auf und ap. Tu bis dol.

Kind 1 steht vor mir und zeigt mir das erste Schulheft. Nicht unstolz und mit einem überzeugenden Lachen im Gesicht. Alleine das finde ich toll und bewundernswert, geht Kind 1 doch gerade erst drei Tage zur Schule. Ein echter Wechsel im Leben. Das Schulheft ist nicht nur schön, ne, es ist „cool“, falls das die Kinder überhaupt noch sagen.

buch_schulanfang

Deine Lieblingstätigkeit kann ich sofort lesen und ja ich bin ehrlich: Ich muss etwas schmunzeln. Dann nachdenken. Und dann selbst ausprobieren.

rechtschreibung_schwimmbad

Über Menschen, die sich über andere Menschen lustig machen, schrieb ich gestern bereits. So will ich nicht sein. Während ich ausprobiere so zu schreiben, wie ich spreche, merke ich meine anfängliche Blockade. Doch nach ein paar Minuten werde ich schneller. Spaß macht das auch noch. Anschließend schaue ich mich zum Thema Rechtschreibung noch etwas in diesem Internet um. Dabei stoße ich auf sehr interessante Artikel.

Christian beschreibt in „Warum lernt main kind so aine komische rechtschraibunk?“ die Situation sehr treffend. Kinder haben anscheinend mehr Spaß am Schreiben, wenn sie die Wörter schreiben dürfen, wie sie ausgesprochen werden (Dialekte inklusive). Wie wir nun alle damit umgehen bleibt uns überlassen. Wichtig ist aber, dass wir dahinter stehen:

Über eins aber sind sich seit Jahren alle einig: Es tut keinem Kind gut, wenn die eine Seite den einen Weg und die andere Seite den anderen Weg geht. Lese ich also in einem Forum „Mir egal, was für einen Scheiß diese neumodische Lehrerin da macht – bei mir zu Hause lernt das Kind vernünftig schreiben” – dann läufts mir kalt den Rücken runter.

Dann lese ich die unterschiedlichsten Artikel quer. Oft finde ich dabei Bilder, die Freude in mir auslösen. Sandra schreibt über „Rechtschreibung in der Grundschule„. Und ja, es ist wichtig, dass Menschen wie Sandra schreiben: Alles wird gut. Das beruhigt vielleicht andere, die sich zu viele Sorgen und Gedanken machen:

Wenn Ihr also auch so Schreibgranaten zu hause habt, die jetzt in der 4. Klasse sind, und denen alles wichtiger ist als die Rechtschreibung, dann möchte ich Euch mit meinem heutigen Post beruhigen. Ich kann die Gedanken und die Wortschöpfungen sehr gut nachvollziehen und hätte in der Situation vor 3 Jahren gerne jemanden getroffen, der mir sagt: Bleib ganz ruhig, das regelt sich von allein.

Im Artikel ist das Bild einer Holztafel, auf die Sandras Kind in der Grundschule diesen wunderbaren Satz schrieb:

Kinder sind wichtig

Foto von Sandra: Meine fabelhafte Welt

Viel besser kann ich meine Gedanken nicht zusammenfassen. Das Bild ist so toll und sagt alles. Entspannen, Vertrauen und Freude. Kinder sind wichtig. Alles wird gut.

Wer weitere gute Blogartikel zum Thema Rechtschreibung findet, darf diese gerne in einem Kommentar hinterlassen. Dann erweitere ich die Linksammlung im Artikel. Danke.

Scheitern. Erziehen. Glücklich scheitern.

Wohnung. Eine Ansammlung von Kinderspielzeug. Dazwischen die letzten verbliebenen Erinnerungsstücke an eine kinderlose Zeit. Gut verstaut und in Sicherheit. Und dann, plötzlich, packt mich der Putzwahn. Von Zeit zu Zeit stehe ich in der Wohnung und habe einen Blick von außen. Als ob ich da gar nicht wohnen würde. Und ich erschrecke.

„Langweilig, mir ist so langweilig“, erwähnt Kind 2 samstags gelangweilt. Nach weiteren Selbstgesprächen, in denen es über die nächste Aktivität entscheidet, schmettert mir ein „Darf ich putzen?“ entgegen. Minuten später stehen wir mit feuchtem Wischtuch, Staubsauger und anderen Utensilien bewaffnet im Kinderzimmer. Uninteressant, wenn man zuerst alle blockierenden Möbel aus dem Weg räumt. So deute ich zumindest den Blick von Kind 2.

Einsatz.

Mit Wischtuch krabbelt Kind 2 auf allen Vieren in die letzten Winkel des Zimmers. Meiner Einschätzung nach lohnen sich Kinder tatsächlich. Kein Winkel zu eng, keine Wollmaus sicher. Die kleinen Hände erwischen noch eine kleine, sich auf der Flucht befindlichen Spinne.

Mit einem „Sauber“ verabschiedet sich die kleine Menschenkehrputzmaschine. Was sich so vorteilhaft und reibungslos liest, bleibt diesmal an mir hängen. Die Feinarbeit. Dazu muss ich anfügen, dass ich eher der Mensch fürs Grobe bin. Staubsaugen? Klappt. Couch wegschieben und darunter staubsaugen fällt hingegen unter Feinarbeit. Außerdem besetzt Kind 2 die Couch schon wieder. Keine Chance.

Im Kinderzimmer wische ich kurz die restlichen Ecken, um anschließend das Finale einzuläuten: Staubsaugen. Fertig. Kein Hexenwerk. Kind 2 kontrolliert meine Arbeit und bestätigt mit einem anerkennenden „So können wir das lassen, Papa. Das reicht jetzt.“ meine Tätigkeit. Überhaupt ist es wichtig. Also die Bestätigung. So geben Kinder einem doch das Gefühl, dass 5 Minuten Wischen und Putzen tatsächlich völlig ausreichend für ihr Wohlbefinden sind.

„Was machst du mit all den Spielsachen hier?“ pfeift es aus Kind 2 heraus. Vor einem Tisch stehend bestaunt es Spielsachen, die wir gemeinsam beim Putzen aus den letzten Winkeln des Zimmers herausgefischt haben. Mir schiesst ein „Das kommt alles weg“ durch den Kopf, was aber gleich durch ein pädagogisches Meisterwerk abgelöst wird, wie nur ich es mir ausdenken kann.

Kinderzimmer-Flohmarkt! Kinderzimmer-Flohmarkt! Alle Kinder, die noch einige ihrer Spielsachen benötigen, können diese jetzt bei mir kaufen. Zu extrem günstigen Preisen. Ist ja Flohmarkt. Handeln erlaubt. Was nicht verkauft wird, wandert in eine Tüte.“

Kind 1 und 2 betreten ungläubig das Kinderzimmer. Ein „Mit echtem Geld?“ Duett wird vorgetragen. Ja sehe ich denn aus, als ob Kinderzimmer-Flohmarkt ein Spiel wäre? Beide Kinder holen ihre Geldbeutel. Der Verkauf startet. Unglaublich, für was Kinder alles Geld zu zahlen bereit sind. Kind 1 kauft ein drei Monate altes eigenes Gemälde, ein paar Autos und das gesammelte Loom Bänder Werk. Kind 2 sichert sich das gebastelte Holz-Schwert, den Glitzer-Nagellack, irgendein gebrochenes Lego-Teil und einiges mehr. Während dem Verkauf lernen wir, wie wichtig es ist, geschickt zu verhandeln. Die Kinder gewinnen. Die Teile gehen alle zwischen 1 und 5 Cent weg.

Der Tisch ist leer. Alles verkauft. In diesem Moment fühle ich mich so gut, wie selten zuvor. Wann bitte hat jemals ein Mensch an einem Flohmarkt wirklich alles verkauft? Ich fühle mich großartig. Fast einzigartig. Bis mir mein Ziel des Flohmarkts in den Kopf kommt. Mein pädagogisches Meisterwerk. Ursprünglich wünschte ich mir doch, dass die Kinder sich auf spielerische Art und Weise lernen von Dingen zu trennen, die total nutzlos sind. Wie interpretierbar das „Nutzlos“ ist, verstehe ich nun viel besser. Mein persönlicher Lerneffekt des Flohmarkts.

Und irgendwie fühlt es sich trotzdem gut an, alles verkauft zu haben und vor einem leeren Tisch zu stehen. Kind 1 und 2 bekommen ihr investiertes Geld natürlich zurück. Ein „Siehst du Papa, habe ich doch gewusst, dass dein Plan nicht funktioniert!“ begleitet mich zur Kaffeemaschine. Ich brauche eine Pause. So ein pädagogisches Meisterwerk ist wirklich anstrengend.

Mein Fazit nach dem Kaffee lautet: Scheitern sollte man mit Freude. Aus Überzeugung. Aus einem guten Gedanken heraus. Scheitern macht Freude und glücklich. Selbstironie inklusive. Ende.